Die Industrieromantik stillgelegter Hochöfen und Zechen übt auf viele einen besonderen Reiz aus – auch wir können uns dem nicht entziehen. Nach längerer Planung war es dann im September endlich soweit: Neun Fotofreunde brachen gemeinsam zu einer 4-tägigen Exkursion ins Ruhrgebiet auf.
Duisburg
Unser Hotel in Duisburg hatten wir wegen seiner zentraler Lage gewählt, da wir verschiedene kleine Ausflüge geplant hatten. Der erste führte uns in den nahegelegenen
Duisburger Innenhafen.
Mit Mühlenwerken und Speichern entstand dort um 1900 das Zentrum des deutschen Getreidehandels. Nach dem 2. Weltkrieg verlor der Innenhafen an Bedeutung und den Gebäuden drohte der Abriss. Zum Glück für uns Fotografen wurden die alten Hafenbauten aber restauriert und durch Neubauten ergänzt – ein reizvoller Kontrast. Der Innenhafen wurde so zu einem neuen Stadtteil mit maritimen Flair.
Den ganzen Nachmittag erkundeten wir das Terrain und hatten immer noch nicht alle Motive im „Kasten“. Neben modernen Bürobauten, konvertierten Speichern und Kränen trafen wir auch – völlig unerwartet – auf Graureiher und andere stadtuntypische Vogelarten. Nach dem gemeinsamen Abendessen in einem der Lokale am Hafenbecken konnten wir noch die nachts farbig beleuchteten Anlagen bewundern.
Am Freitagmorgen fuhren wir mit der S-Bahn zur
Zeche Zollverein in Essen.
Die Zeche gilt als eine der schönsten und modernsten der Welt. Alle Gebäude sind noch im Originalzustand erhalten und die Hallen, Maschinen und Apparaturen bieten unendlich Stoff für fotografische Experimente. Moderne Ergänzungen wie eine futuristische Rolltreppe begeisterten uns ebenso wie der Panoramablick von der Dachterrasse, und sogar eine Hochzeitsgesellschaft ließ sich vor der rustikalen Industriekulisse fotografieren.
Am Nachmittag wechselten wir zur
Kokerei Essen,
wo wir, neben einer leckeren Mahlzeit, zahlreiche weitere spannende Motive vorfanden. Besonders die Stahlstrukturen der ehemaligen Kühltürme hatten es uns angetan und wurden vielfach abgelichtet. Der Höhepunkt des Tages: Am Abend „erglühten“ die Koksbatterien unter roter Beleuchtung und spiegelten sich in dem Wasserbecken davor.
Samstagmorgen zog es uns dann zum
Gasometer in Oberhausen,
in dem wir hunderte von großformatigen Fotografien in der Ausstellung „Der Berg ruft“ bewundern konnten. Hier ging es nicht um Bergwerke, sondern um die Gebirge der Erde mit ihren majestätischen Gipfeln, ihren Bewohnern und ihrer besonderen Tierwelt. Im oberen Stockwerk schwebte eine 3-D-Version des Matterhorns über den Zuschauern, auf der abwechselnd Tag und Nacht simuliert wurden. Von der Aussichtsplattform oben auf dem Gasometer hatten wir das halbe Ruhrgebiet im Blick. Nach einem karibischen Mittagessen im derzeit größten Einkaufszentrum Europas ging es zurück nach Duisburg in den
Landschaftspark Duisburg Nord.
Das Industriegelände rund um die stillgelegte Meidericher Eisenhütte ist eine ganz besondere Fotolocation – vorallem am Wochenende, wenn die Hochöfen, Verladebrücken und Gebläsetürme nach Sonnenuntergang farbig angestrahlt werden. Mutige können die Hochöfen sogar besteigen und sich so einen besseren Überblick verschaffen. Die Vielfalt der Motive und das wechselnde Licht nahm uns dann auch fast bis Mitternacht gefangen.
Am nächsten Morgen, auf dem Rückweg nach Hamburg, machten wir in Dortmund Station, um uns noch eine weitere, völlig anders gestaltete Zeche anzuschauen.
Dortmund Zeche Zollern
Die ganz im Jugendstil gehaltene Zeche Zollern, auch „Schloß der Arbeit“ genannt, ist mit ihren prunkvollen Backsteinfassaden, farbigen Glasfenstern und opulenten Giebeln für eine Industrieanlage tatsächlich sehr aufwändig gestaltet. Sie wurde in den Sechzigerjahren stillgelegt und sollte abgerissen werden, was zum Glück aber verhindert wurde. Besonders eindrucksvoll ist die gerade restaurierte große Maschinenhalle mit ihrem Jugenstilportal und den im Originalzustand erhaltenen Maschinen, aber auch der Förderturm und die zahlreichen Karren und Loren waren dankbare Fotoobjekte.
Insgesamt war es ein sehr schöner Ausflug und gar nicht so weit von Hamburg entfernt. Wie man an den Bildern sehen kann, ist die fotografische Ausbeute reichhaltig und jeder Teilnehmer konnte bei unserem Nachtreffen seine persönlichen Highlights präsentieren. Sehr spannend war dabei, wie völlig unterschiedlich neun Personen die gleichen Motive interpretiert haben.